Mikrobielle Biomineralisation zur wirksamen und umweltschonenden Unkrautkontrolle im Produktionsgartenbau

 

abbildung 1 smallGrundprinzip des Unkrautmanagements mit MibWeedControl Behandlung (links). Eine physikalische, temporäre Barriere wird im Boden gebildet, welche den Wasser- und Gasaustausch ermöglicht, jedoch das Auflaufen von Beikräutern verhindert. Findet keine Behandlung statt kommt es zu Unkrautwachstum (rechts) © M Spitznagel and L Fried, Bind-X

Hintergrund

Das Startup-Unternehmen Bind-X befindet sich im Innovationszentrum IZB in Martinsried bei München inmitten eines der größten Biotech-Cluster der Welt und beschäftigt sich mit der industriellen Anwendung der Biotechnologie. Dabei konzentriert sich die Bind-X GmbH unter anderem auf die Gestaltung einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Landwirtschaft. Neben den sich ändernden klimatischen Bedingungen steht die globale Landwirtschaft vor weiteren Herausforderungen wie der Sicherstellung der Ernährung einer bis 2050 auf 9,7 Mrd. Menschen angestiegenen Weltbevölkerung sowie der zunehmenden Verknappung wichtiger Ressourcen wie Wasser und Boden. Das Unkrautmanagement spielt in Hinblick auf eine nachhaltige und ressourceneffiziente Landwirtschaft eine wichtige Rolle. In den vergangenen vier Jahrzehnten wurden Unkräuter hauptsächlich mit chemischen Herbiziden bekämpft. Deren weit verbreiteter Einsatz führte zu einer starken Belastung der Umwelt, einer Zunahme herbizidresistenter Arten und teilweise sogar zu einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit. Der klassische Pflanzenschutz und vor allem konventionelle Herbizide (wie Glyphosat) werden zudem immer stringenter reguliert oder von der Zulassung sowie der Anwendung ganz ausgeschlossen. Im Rahmen des BMEL-finanzierten Projekts MibWeedControl entwickelt die Bind-X GmbH einen innovativen Ansatz zur Unkrautbekämpfung für den Produktionsgartenbau. Anstatt unerwünschte Beikräuter mit einem aktiven Wirkstoff abzutöten, reduzieren die Bind-X-Produkte das Unkrautwachstum mittels einer physikalischen, semipermeablen Schicht im Boden. Hierfür entwickelte Bind-X verschiedene Technologien, die auf der mikrobiell induzierten Carbonatausfällung basieren.

Projektziel

Das am Projekt beteiligte Unternehmen Bind-X ist ein Pionier bei der technischen Anwendung der mikrobiell induzierten Carbonatausfällung. Dabei handelt es sich um einen biochemischen Prozess, der durch die Stoffwechselaktivität natürlich vorkommender Bodenbakterien stattfindet und durch die Ausfällung des Minerals Calcit (bzw. anderer CaCO3-Modifikationen) zu einer Substratverfestigung führt. Durch eine gezielte Mineralisierung ist es möglich eine luft- und wasserdurchlässige Barriere unter der Erdoberfläche aufzubauen. Diese physikalische Barriere verhindert das Wachstum von Unkräutern, beeinträchtigt jedoch nicht die Entwicklung der Anbaukultur. Mit diesem Projekt wird der Grundstein für die Entwicklung eines innovativen, benutzerfreundlichen Produkts zur effizienten und wirtschaftlichen Unkrautbekämpfung gelegt. Das Gesamtziel besteht in der Erforschung der Biomineralisation als zulassungsfreie, nicht-chemische und auf einem gezielt eingesetzten natürlichen Prozess basierende Herbizidalternative im Produktionsgartenbau.

Methode

Das Projekt umfasst die Entwicklung neuartiger Formulierungen sowie die Auswahl und Erforschung einer möglichen landwirtschaftlichen Anwendungstechnologie für die Biomineralisierung. Die Versuche werden im Gewächshaus begonnen und später auf das Freiland übertragen. Wesentliche Untersuchungsparameter sind der Einsatz neuartiger bakterieller Stämme, die Optimierung der Mittelaufwandmenge, der Ausbringzeitpunkt im jeweiligen Kulturregime sowie die Applikationsform, -methode und -technik. Auch die Boden- und Umweltauswirkungen der Biomineralisation bei wiederholter Anwendung sollen im Rahmen des Projekts umfassend untersucht werden.

Derzeitige Ergebnisse

Im Rahmen des Projekts wurden neue Formulierungen mit unterschiedlicher Zusammensetzung für verschiedene Anwendungen im Produktionsgartenbau entwickelt. Die Wirksamkeit der Unkrautunterdrückung und der Ausschluss negativer Effekte auf die Anbaukultur sowie die Bodenphysik, -mikrobiologie und -fauna (Unbedenklichkeit) konnte für alle Formulierungen im Labor und im Gewächshaus nachgewiesen werden. Die schnelle und erfolgreiche Entwicklung der Produktionsprozesse (SOPs) samt Scale-up der Fermentation ermöglichte vorzeitig ausreichend Biomasse und Testmaterial für die Freilandsaisons bereitzustellen. Im Jahr 2022 wurden erstmalig die besten Formulierungen in zwei größeren Versuchen und mehreren kleinen Versuchsreihen unter Freilandbedingungen getestet und die Wirksamkeit von unabhängigen Dritten bestätigt. In der darauffolgenden Freilandsaison 2023 konnten verschiedene Applikationszeitpunkte (Vor- und Nachauflauf), -formen (flüssig und Granulat) und -methoden validiert werden und die Anzahl der Formulierungen reduziert werden. Die Untersuchungen zeigten, dass die Applikation der Formulierungen mit herkömmlichen landwirtschaftlichen Maschinen durchgeführt werden kann und sich insbesondere die im Rahmen des Projekts entwickelten Granulate aufgrund des niedrigeren Applikationsvolumen als Applikationsform eignen.

abbildung 2 smallDie Applikation von MibWeedControl Granulaten erfolgt mit handelsüblichen landwirtschaftlichen Geräten (links). Nach MibWeedControl Behandlung erfolgt eine deutliche Reduzierung des Unkrautauflaufens (mitte). Bei einer ausbleibenden Behandlung kommt es hingegen zu einem massiven Unkrautbewuchs in der Freilandtestung (rechts) © M Spitznagel and L Fried, Bind-X

Herr Dipl. Ing. Martin Spitznagel und Herr Dr. Luitpold Fried
Herr Dr. Luitpold Fried (info@bind-x.com)
  • © Martin Spitznagel und Luitpold Fried, Bind-X GmbH