Regulierung von Trauermücken im ökologischen Anbau von Topfpflanzen - Innovative Verfahren zur Einschätzung der Attraktivität von Kultursubstraten für Trauermücken und umfassende Strategien zur Bekämpfung mittels Nützlingen

 

Hintergrund

Trauermücken (Sciaridae) können im ökologischen und nachhaltigen Topfpflanzenanbau ein erhebliches Problem darstellen. Insbesondere bei Jungpflanzen können Trauermücken durch Fraßaktivitäten im Larvenstadium an Wurzeln und geschädigtem Pflanzengewebe erhebliche Schäden verursachen und das Risiko der Ausbreitung von Phytopathogenen erhöhen. Im Bio-Anbau verwendete Kultursubstrate enthalten einen größeren Anteil an meist schnell abbaubaren organischen Bestandteilen, was sie für Trauermücken besonders attraktiv macht. Außerdem erhöhen organische Dünger den Anteil an leicht abbaubarem organischem Material in den Pflanztöpfen.

Die Massenvermehrung von Trauermücken im ökologischen Pflanzenbau unter Glas ist ein weit verbreitetes Problem. Um das Auftreten und die Ausbreitung der Schädlinge zu verhindern und zu kontrollieren, sind verschiedene Maßnahmen erforderlich. Dazu stehen im ökologischen Pflanzenbau eine Reihe von Bekämpfungsmöglichkeiten zur Verfügung wie beispielsweise der Einsatz von Nematoden, räuberischen Bodenmilben, Raubfliegen, Bacillus thuringiensis-Präparaten und biologischen Pflanzenschutzmitteln. Bei hohem Befallsdruck können jedoch diese Methoden häufig keinen ausreichenden Erfolg erzielen.

trauermucke ei smallTrauermücke Ei: Trauermücken legen ihre winzigen Eier bevorzugt in lockerem, feuchtem Substrat unter der Oberfläche ab, aus denen nach 3-4 Tagen glasige, beinlose Larven schlüpfen © A Baron, HSWT

trauermucke puppe smallTrauermücke Puppe: Nachdem die Larven 4 Stadien durchlaufen haben, verpuppen sie sich © A Baron, HSWT

trauermucke adult smallTrauermücke Adult: Nach 3-4 Tagen schlüpft aus der Puppe eine adulte Trauermücke, ihre Lebensdauer beträgt 5-10 Tage © A Baron, HSWT

Projektziel

Das Forschungsprojekt hat zum Ziel, das Problem der Trauermücken im biologischen Topfpflanzenanbau durch zwei Ansätze anzugehen:

Der erste Ansatz besteht darin, die Bestandteile von Kultursubstraten dahingehend zu untersuchen, ob von ihnen eine anziehende oder möglicherweise auch abstoßende Wirkung auf Trauermücken ausgeht. Hierbei werden Torfersatzstoffe, neue organische Düngemittel und flüchtige organische Bestandteile auf ihre Attraktivität für Trauermücken untersucht.

Der zweite Ansatz zielt darauf ab, die Bekämpfungsmaßnahmen durch Nützlinge zu verbessern. Hierzu gehört die Optimierung des Einsatzes von Nematoden und Raubfliegen sowie die Entwicklung eines koordinierten Einsatzkonzeptes.

Methode

Mit Blick auf die Substrate und Dünger sollen vor allem Torfersatzstoffe sowie organische Dünger auf ihre Attraktivität für Trauermücken in Gefäßversuchen untersucht werden. Parallel dazu sollen mikrobielle Duftstoffe und ihre Wirkung auf Trauermücken ermittelt und ihre Verursacher identifiziert werden. Anhand der Messung der substratinduzierten Respiration sowie mittels Brutversuche soll geprüft werden, ob ein Zusammenhang zwischen mikrobieller Aktivität und Attraktivität auf Trauermücken besteht.

methodik 1 smallTrauermücken werden bei der Attraktivitätsprüfung für 24 Stunden zur Eiablage zusammen mit den Prüf- und Kontrollmaterialien in 35-Liter-Eimern aufgestellt © A Baron, HSWT

methodik 2 smallWährend der ca. 3-wöchigen Entwicklungsphase der Trauermücken werden die Prüfbecher mit einer Gelbtafel versehen und mit einem feinen Netz verschlossen im Kulturraum aufgestellt © A Baron, HSWT

mehodik 3 smallDie Trauermücken werden nach dem Schlupf abgefangen und die Anzahl der Tiere mittels Zählfunktion in Adobe Photoshop ermittelt © A Baron, HSWT

 

 

Im Bereich der Nützlinge sollen räuberische Fliegen der Gattung Coenosia als potentielle Schutzmethode evaluiert werden. Der Einsatz etablierter Arten wie Steinernema feltiae und Hypoaspis miles soll geprüft und der Bekämpfungserfolg bei Trauermücken durch modifizierte Strategien verbessert werden. Desweiteren sollen potenzielle neue Nützlinge gesucht und auf ihre Wirksamkeit und Praxistauglichkeit untersucht werden.

Schließlich sollen die gesammelten Informationen und Erkenntnisse aufbereitet und in die gärtnerische Praxis übertragen werden.

Derzeitige Ergebnisse

Mit den Substratausgangsmaterialien und Düngern wurde nach Ausarbeitung und Prüfung einer passenden Methodik eine umfangreiche Materialprüfung auf Attraktivität für Trauermücken mittels Gefäßversuchen durchgeführt:

  • einige Torfersatzstoffe wie Holzfasern oder Rindenprodukte bringen an sich keine hohe Attraktivität für Trauermücken mit
  • teils attraktiv, teils unattraktiv wirkten verschiedene substratfähige Komposte, was zeigt, dass Kompost nicht zwingend der Hauptverursacher von starkem Trauermückenbefall im ökologischen Anbau ist, wie das häufig in der Praxis diskutiert wird
  • organische Dünger wiederum lassen sich klar in zwei Gruppen einteilen: Flüssigdünger haben keine signifikant attraktive Wirkung auf Trauermücken, Feststoffdünger hingegen erhöhen die Attraktivität auch von per se unattraktiven Substraten oder Substratkomponenten enorm. Dabei spielt es keine Rolle, aus welchem Ausgangsmaterial diese Dünger bestehen.

Eine Korrelation zwischen der Attraktivität eines Materials auf Trauermücken und der mikrobiellen Aktivität konnte nicht bestätigt werden. Sowohl die Daten zur substratinduzierten Atmung, als auch die im Brutversuch ermittelten Werte zur Stickstofffreisetzung in den Prüfgemischen korrelierten nicht mit den Attraktivitäten für Trauermücken.

methodik 4 smallDie substratinduzierte Atmung in den einzelnen Prüfgemischen kann während der 5-tägigen Inkubationsphase mittels Oxitop-Messeinheiten aufgezeichnet werden © A Baron, HSWT

methodik 5 smallDas von Mikroorganismen ausgestoßene CO2 wird in Natronlauge absorbiert, so dass ein messbarer Unterdruck im Glas entsteht, der in der Folge in O2-Verbrauch umgerechnet werden kann © A Baron, HSWT

 

Bereits bei der Durchführung der Attraktivitätsversuche wurden während des Beflugs durch Trauermücken mittels Twister-Sensoren eine große Zahl an Duftproben von den Prüfgemischen gesammelt. Die Analyse der Proben ist bereits erfolgt. Die ermittelten Daten werden derzeit statistisch ausgewertet.

methodik 7 smallTwister-Sensor zu Sammlung von aus den Prüfgemischen austretenden Duftstoffen. Mittels Magnet und Metallstange werden die kleinen Sensoren während der Befliegung durch Trauermücken unmittelbar über den Prüfmaterialien angebracht © A Baron, HSWT

 

Als neue Bekämpfungsstrategie wurden neue Nützlinge aus der Gruppe der Hundertfüßer untersucht. Leider zeigten die Untersuchungen ein zu geringes Potenzial für einen effektiven Einsatz. Die Fraßleistung der Hundertfüßer lag bei wenigen Individuen pro Woche und die Nachzüchtbarkeit war nicht gegeben. Obwohl Arten gefunden wurden, die an ein Leben im Gewächshaus angepasst sind, lag die Regenerationszeit bei allen getesteten klimatischen Bedingungen bei mehreren Monaten.

Frau Prof. Dr. Birgit Zange (birgit.zange@hswt.de)
Ansprechpartnerin Substrate: Frau Andrea Baron (andrea.baron@hswt.de; Hochschule Weihenstephan-Triesdorf)
Ansprechpartner Nützlinge: Herr Prof. Dr. Stefan Kühne (stefan.kuehne@julius-kuehn.de;Julius Kühn-Institut, Institut für Strategien und Folgenabschätzung)
  • © Andrea Baron, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT)