Etablierung von „Priming“ an Tomaten-Jungpflanzen als Pflanzenschutzverfahren im Gartenbau

 

220804 hortiprimed logo 3000px rgb small 400HortiPrimed Projektvideo

Hintergrund

Nutzpflanzen in Landwirtschaft und Gartenbau sind zunehmend abiotischen und biotischen Stressen ausgesetzt, welche den Einsatz von Pflanzenstärkungs- oder Pflanzenschutzmitteln erfordern. Ohne effektiven Schutz drohen den Tomatenproduzenten Ernteverluste. Mithilfe kontrollierter Stressvorbehandlung (Priming-Stimulus) von Saatgut oder Jungpflanzen kann eine gesteigerte Stressresistenz und verbesserte Reaktion der Pflanzen bei späterem Folgestress erzeugt werden. Dieser „Priming“-Effekt kann schnellere und stärkere Schutzreaktionen bei wiederkehrendem Stress auslösen und Pflanzen auch gegen zusätzliche Stressarten stabilisieren. 

tomatenkeimlinge smallTomatenkeimlinge in Steinwolle © A Wiese-Klinkenberg, FZJ

20230823 075928 min small300Tomaten im gewachsenen Pflanzenbestand mit erster Blüte © T Körner, HGU

Projektziel

Im Projekt HortiPrimed wird untersucht, wie ein „Priming-Prozess“ genutzt werden kann, um Tomaten im Jungpflanzenstadium toleranter gegenüber abiotischen und biotischen Stressoren zu machen. Das Ziel ist es, den Anbau mit vorbehandelten Pflanzen gegen Schädlinge zu stabilisieren und ihn an die Herausforderungen des Klimawandels mit häufigem abiotischen Stress anzupassen. Zudem sollen praktische Überwachungsmaßnahmen und spezifische Protokolle für die präventive Stressbehandlung entwickelt werden. 

Methode

Zur nicht-invasiven Quantifizierung der Tomatenpflanzen-Reaktion auf abiotischen und biotischen Stress und zum Vergleich der Stresstoleranzen von behandelten (gestärkten) Pflanzen und unbehandelten Pflanzen werden etablierte Phänotypisierungstechniken genutzt. Zusätzlich erfolgt eine molekulare Charakterisierung epigenetischer Veränderungen und eine Analyse der Genexpression. Außerdem soll ein Vorhersagemodell als Entscheidungshilfe für die Wahl effektiver Priming-Behandlungen und damit verbundenen ökonomischen und ökologischen Aspekten erstellt werden. 

20230731 075256 min small350Beleuchtungswagen zur Applikation einer Hitze- und UV-B-Behandlung von Tomatenpflanzen im Substratdamm © T Körner, HGU
fotobox1 smallInnenansicht einer Fotobox zur Bildaufnahme zur Phänotypisierung © A Wiese-Klinkenberg, FZJ

Derzeitige Ergebnisse

Eine Vorbehandlung von Jungpflanzen mit Salz bewirkte eine Toleranz des Jungpflanzenwachstums gegen Salz und auch eine Resistenz gegen Pathogenbefall durch Altenaria alternata. Dabei geht die Toleranz gegen Salz mit einer gesteigerten Produktion phenolischer Pflanzeninhaltsstoffe einher. Durch die Untersuchung der epigenetischen Veränderungen durch das Salzpriming konnten Kandidatengene identifiziert werden, die eine Rolle bei der Vermittlung der Toleranzen spielen könnten und als molekulare Marker für das Priming dienen. Dies wird im Moment durch Abgleich mit Genexpressionsprofile untersucht. Ein Thermopriming an Keimlingen könnte ebenfalls eine verbesserte Toleranz gegen Hitze vermitteln; auch hier konnte unter Produktionsbedingungen eine erhöhte Akkumulation von antioxidativen pflanzlichen Sekundärmetaboliten nachgewiesen werden (Röhlen-Schmittgen et al., 2024; Körner et al., 2024). Es wurde eine technische Lösung zur Applikation von Hitze im Gewächshaus etabliert. Die Auswirkungen des Primings auf Ertrag und Wachstum der Pflanzen unter Produktionsbedingungen zeigte eine zeitliche Verzögerung auf aber schlussendlich keine Beeinträchtigung der Fruchtproduktion. Zur Entwicklung eines holistischen Modells zur Bewertung des ökologischen und ökonomischen Nutzens des Primings wurden Fakten gesammelt und ein erstes Modell erfolgreich erstellt.

01 smallBild-Segmentierung zur Ermittlung der projizierter Blatt-Fläche © A Wiese-Klinkenberg, FZJ

priming of disease resistance smallSalz-Priming erhöht die Abwehr gegen Alternaria alternata: Alternaria alternata Läsionen auf den Blättern von Tomatenpflanzen nach Kontroll-Behandlung (links) oder Salz-Priming mit 100 mM NaCl (Kochsalz; Mitte) oder 200 mM NaCl (Kochsalz; rechts) © PGN-UB

salz smallSalz-Behandlung führt zu veränderten DNA-Methylierungsmustern in Solanum lycopersicum cv. M82. Genom-weite DNA-Methylierungslevel von CpG Dinukleotid-Stellen (% methylierter CpGs) in differenziell methylierten Regionen (DMRs), die in den salzbehandelten Proben (Salt) eine niedrigere (hypo-DMRs) (a), bzw. höhere (hyper-DMRs) (b) DNA-Methylierung als in den Kontroll-Proben (Mock) aufweisen (je 2 Replikate). Boxplots zeigen den Median, Interquartilenabstand, und maximalen/minimalen Methylierungslevel. In den Heatmaps korrespondiert jede Reihe zu einer DMR; Reihen und Spalten wurden hierarchisch geclustert © M Groth, HM

Literatur

Röhlen-Schmittgen S, Körner T, Gierholz R, Hanten S, Roß F and Zinkernagel J (2023). Thermopriming in the early phase of tomato development leads to plant tolerance. Acta Hortic, 1372, 155-162https://doi.org/10.17660/ActaHortic.2023.1372.21 

Körner T, Zinkernagel J and Röhlen-Schmittgen S (2024) Induction of Time-Dependent Tolerance through Thermopriming in Tomatoes. Sustainability, 16(3), 1163.

Zusätzliche Informationen

flyer link smallHortiPrimed-Projektflyer

Frau Dr. Anika Wiese-Klinkenberg (a.wiese-klinkenberg@fz-juelich.de)
  • © Dr. Anika Wiese-Klinkenberg, Forschungszentrum Jülich (FZJ); Tobias Körner, Hochschule Geisenheim University (HGU); Dr. Martin Groth, Helmholtz Munich (HM); Professur Genetik der Nutzpflanzen, Universität Bayreuth (PGN-UB)